Lehmbautechniken

 


So unterschiedlich wie die lokalen Lehmvorkommen, so verschieden sind auch die Lehmbautechniken. In Folge werden die wichtigsten und am weitesten verbreiteten Lehmbautechniken kurz beschrieben.

Lehmziegel

Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Verfahren, um Lehmziegel herzustellen: Mit Wasser aufbereiteter Lehm kann per Hand zu Ziegeln verarbeitet werden, er kann in ein Model eingebracht und solcherart geformt werden oder der Lehm wird im erdfeuchten Zustand unter Druck in eine Ziegelform gepresst. Die händische Fertigung von Lehmziegeln ist in vielen Teilen der Erde noch weit verbreitet, im europäischen Raum kommt sie heute nur noch selten, meist in Selbstbauprojekten, zur Anwendung. Für industrielle hergestellte ungebrannte Lehmziegel kommt das in der Ziegelindustrie übliche Formgebungsverfahren des Strangpressens zur Anwendung. Die dabei entstehenden Ziegel bezeichnet man als Grünlinge. Sie weisen eine hohe Rohdichte auf und werden wegen ihrer Feuchteempfindlichkeit vorwiegend im nichttragenden Bereich des Innenausbaus eingesetzt. Aufgrund ihrer hohen Speichermasse können Sie Temperaturspitzen abfangen und haben eine feuchtigkeitsregulierende Wirkung auf den Raum.

Heute bietet der Handel eine große Vielfalt an Lehmziegeln an, die in unterschiedlichen Formaten, Rohdichteklassen und mit verschiedenen Zuschlägen ausgestattet auf den Markt kommen.

Stampflehm

Stampflehm besteht aus feinkrümeligem, erdfeuchtem, magerem Lehm mit hohem Schotteranteil, der mittels Stampfen auf eine Rohdichte von 1700 bis 2200 kg/m3 verdichtet wird. Stampflehm ist somit der Lehmbaustoff mit dem höchsten Gewicht. Stampflehmwände sind monolithische Wände, kommen im Innen- und Außenbereich zum Einsatz und können auch als tragende Wände ausgeführt werden.

Für die Herstellung von Stampflehmwänden wird eine stabile Schalung benötigt, in die der erdfeuchte Lehm in Lagen eingebracht und verdichtet wird. Die Verdichtung kann entweder händisch (Holz- oder Metallstampfer), mittels pneumatischer Stampfer oder mit Rüttelplatten erfolgen. Ein Vorteil von Stampflehm ist, dass das natürlich vorkommende Aushubmaterial bestehend aus Lehm, Sand und Schotter oft gut für diese Bauweise geeignet ist. Verschiedene Stampflehmmischungen können mittlerweile aber auch in Big Bags im Handel erworben werden.

Stampflehmwände können vor Ort, idealerweise mit dem lokal vorhandenen Material, errichtet werden. Um sich an moderne Bauprozesse anzupassen, können Stampflehmelemente aber auch vorgefertigt werden. Dies hat den Vorteil, dass zeitliche Abläufe genau kontrolliert werden können, dass witterungsunabhängig produziert werden kann und industrialisierte Bauprozesse möglich sind. Die Module werden mit einem Kran versetzt, die Fugen können durch die Plastizität des Materials retuschiert und weitgehend unsichtbar gemacht werden.

Stampflehm ist eine historische Lehmbautechnik, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten wieder neue Aufmerksamkeit zuteil wurde. Der österreichische  Stampflehm-Pionier Martin Rauch (Lehm Ton Erde) hat mit seinen spektakulären Bauwerken (Kapelle der Versöhnung in Berlin, Haus Rauch in Vorarlberg etc.) internationale Anerkennung erfahren und hat dem Lehmbau eine neue ästhetische Komponente hinzugefügt.

Wellerlehm (Österr.: G´satzte Wand, Engl.: Cob)

Die Wellermischung wird mit Lehm, Stroh (Richtwert: 25 kg Stroh/m3) und Wasser angemacht und sie ist nach dem Trocknen mit 1500 bis 1800 kg/m3 leichter als Stampflehm. Gegenüber dem Strohlehm ist er so dicht, dass er als tragende Wand ausgeführt werden kann. Eine Wellerwand benötigt keine Schalung. Die Mischung aus Lehm und Stroh wird entweder per Hand oder mit einer Gabel in Schichten aufgebracht und durch Druck (z. B. unter Zuhilfenahme eines Cob-Holzes) verdichtet. Nach dem Aufschichten und dem Antrocknen einer ca. 40 – 60 cm hohen Schicht wird die Oberfläche mit einem Spaten plan abgestochen. Bis zur Aufschichtung der vollen Raumhöhe sind immer wieder Trocknungszeiten notwendig.

Wellerlehm kommt bis heute in vielen Regionen Afrikas und Asiens zum Einsatz. In Europa beschränkt sich die Verarbeitung von Wellerlehm heute weitgehend auf die Sanierung bestehender Bauwerke.

Stroh- bzw. Faserlehm

Stroh- oder Faserlehm besteht aus Baulehm und pflanzlichen Zusatzstoffen, wobei das Stroh dominiert. Strohlehm besitzt im ausgetrockneten Zustand eine Rohdichte zwischen 1200 und 1700 kg/m³. Damit ist Strohlehm nicht für tragende Mauern geeignet, sondern kommt in erster Linie als Ausfachung bei Fachwerken oder heute im Bereich der Gebäudesanierung zur Anwendung. Strohlehm kann auch zu relativ leichten Lehmziegeln verarbeitet werden. Gegenüber dem Wellerlehm besitzt Strohlehm verbesserte Wärmedämmeigenschaften.

Leichtlehm und Leichtlehmschüttung

Leichtlehm weist mit einer Rohdichte von 400 bis max. 1200 kg/m3 besonders gute Dämmeigenschaften auf, welche entweder durch Zugabe von organischen Zuschlägen (Stroh, Holzfasern etc.) oder mineralischen Zuschlägen (z. B. Blähton) erreicht werden. Aufgrund der geringen Druckfestigkeit kann Leichtlehm keine tragende Funktion übernehmen sondern wird vorwiegend in Verbindung mit Holztragwerken und im Bereich der Althaussanierung eingesetzt. Leichtlehm kann lose in eine Schalung eingebracht oder zu Leichtlehmziegeln bzw. zu Platten geformt, getrocknet und verarbeitet werden. Im Bereich der Decken und Böden wird Leichtlehm waagrecht eingebracht und kommt als Leichtlehmschüttung im erdfeuchten Zustand zum Einsatz.

Lehmputz und Lehmmörtel

Lehmputze und Lehmmörtel bestehen aus Lehmen, die in der Regel durch Zugabe von Sand bzw. Fasern (Stroh, Schilf, Dung, Zellulose) gemagert werden. Die Zuschlagstoffe dienen der Armierung und der Vermeidung von Rissbildung. Die DIN Norm unterscheidet bei den werksmäßig hergestellten Baustoffen zwischen Lehmputzmörtel (DIN 18947) und Lehmmörtel (DIN 18946).

Lehmputz wird als Wand- und Deckenputz vorwiegend im Innenraum, seltener auch im Außenbereich eingesetzt. Lehmputz wird in der Regel zwei- bis dreilagig aufgebracht, wobei auf die Einhaltung der erforderlichen Trocknungszeiten zu achten ist. Saugfähige Untergründe müssen vorgenässt bzw. mit einer Grundierung (Vorspritzer, Lehmschlämme) versehen werden, um eine entsprechende Haftung zu gewährleisten. Heute ist eine große Auswahl an fertigen Lehm-Putzmischungen mit unterschiedlichen Zuschlagstoffen und in diversen Farben im Handel erhältlich. Es ist darauf zu achten, dass das Auftragen von Lehmputze einiger Erfahrung bedarf und nur durch eine Fachkraft bzw. unter deren Anleitung erfolgen sollte. Lehmputze im Innenraum weisen eine Feuchte regulierende Wirkung auf und tragen so zu einem positiven Raumklima bei.

Lehmmauermörtel wird für das Vermauern von Lehmziegelwänden bzw. auch von gebrannten Ziegeln, Natursteinen etc. verwendet und ist ebenso in unterschiedlichen Mischungen im Fachhandel erhältlich.

Lehmbauplatten

Lehmbauplatten kommen als Ersatz für bislang übliche Trockenbauplatten als Wand- oder Deckenverkleidung in unterschiedlichen Formaten zum Einsatz. Dünne Lehmbauplatten <50 mm sind in der Regel mit Tonmehl angereichert und armiert (z. B. Schilf, Jute) und  werden auf eine Unterkonstruktion aufgebracht. Sie kommen z. B. als Alternative zu Lehmputzen zur Anwendung und ermöglichen eine effizientere Abwicklung der Baustelle durch die Vermeidung langer Trocknungszeiten. Lehmbauplatten mit einer Stärke >50 mm erfordern nicht zwingend eine Unterkonstruktion sondern können als selbsttragende Trennwände im Trockenbau eingesetzt werden. Lehmbauplatten werden zunehmend auch im Fußboden, im Deckenaufbau oder im Dach sinnvoll eingesetzt.

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